Das Maß aller Dinge

Wenn man nicht das erlebt hat, was unsere Fahrer am Lausitzring erleben durften, wird die Überschrift als zu schwulstig empfinden. Wenn aber ein Fahrer, der historischen Motorsport auf eigene Kosten betreiben muss, von ca. zweitausend Zuschauern, die im Fahrerlager ein 200 Meter langes Spalier bilden, fotografiert und einen tollen Applaus bekommt, dann ist das eben eine ganz besondere Sache. Die HAIGO – Formelfahrer hatten die Ehre diese Bekundungen der Zuschauer nach dem Zeittraining im vollen Umfang genießen zu können. Ich stand oben auf der Boxenplattform und konnte die ganze Szenerie von oben beobachten, fantastisch kann ich nur sagen. Dazu kommt noch, dass eine große Anzahl von Zuschauern im Fahrerlager vor allem unsere MT 77 unter die Lupe nahmen und die Fahrer zwei Tage lange Rede und Antwort stehen mussten und sie haben es gerne getan.

Es war im Vorfeld schönes Wetter angesagt, aber die teilweise erreichten vierzig Grad waren dann für Mensch und Maschine schon eine große Herausforderung.

Dazu kam noch, dass die DTM – Variante der Strecke gefahren werden musste, nämlich die lange Variante.
Das der Lausitzring, nun in der Regie der DEKRA doch noch ein paar böse Bodenwellen hat, wird aber bald der Vergangenheit angehören. Das schreibe ich deshalb, weil die Einladung der DTM für 2020 vorliegt und wir uns jetzt schon alle darauf freuen, dann dort wieder Gast zu sein.

Das wir alle mit den internationalen Standards der DTM zu kämpfen hatten, will ich hier nicht verschweigen. So musste ich in Kauf nehmen, dass die HAIGO – Monteure eben nur in bestimmter Kleidung die Boxengasse und die Startaufstellung betreten durften. Ansonsten „Herr Kraft“ wird die Security dafür Sorge tragen, dass ihre Leute nicht in die Areale eingelassen werden. Wir haben es geschafft, uns entsprechend zu kleiden und müssen aber nun überlegen, wie wir das Problem in Zukunft lösen. Denn schon am Samstag Nachmittag wurde mir die Einladung zur Nascar – Show in Most vom 27. – 28.06. 2020 überreicht und da gibt es das Problem wieder.

Nun muss ich mich bei den Lesern des Rennberichts entschuldigen, ich habe als Co – Kommentator in der Sprecherkabine des Lausitzringes, nur die Starts und die Zieleinläufe eigentlich richtig verfolgen können. Alles andere war mit einem Frage- und Antwortspiel mit den beiden Profi – Sprechern der DTM verbunden und die dauernde Verfolgung auf den vier großen Monitoren war so gar nicht mein Ding. Am Ende war ich dann doch zufrieden, weil ich den Zuschauern auf der Haupttribüne, die HAIGO ein wenig erklären und näher bringen konnte.

Richtig verfolgen konnte ich aber die Qualifyings zu dem jeweiligen Rennen und die waren spannend genug. Am Samstag gegen 09:45 begann der Kampf um die Startplätze für unsere Formel und Gaststarter Thomas Hoffmann brannte eine 1:56,26 in den Asphalt, die keiner mehr mitgehen konnte. Dahinter allerdings folgten gleich Andris Grikis (Lettland), Toni Koitsch und Falk Schwarze mit nur 0,97 Sek. Rückstand. Dahinter lauerten mit Bernd Weber, Tobias Worm und Nils-Holger Wilms wieder drei schnelle Leute, die auch nur 2,4 Sek. Rückstand zur Spitze hatten.

Das also versprach schon ein spannendes Rennen für den Samstag – Nachmittag. Das dann alles anders kommen sollte, liegt ganz sicher in der Natur des Rennsports. Am Nachmittag 17:20 folgte dann die große Überraschung. Der Zieleinlauf war mit Wilms – Schwarze – Hoffmann irregulär. Es folgte zwar eine ordentliche Siegerehrung, aber am Ende mussten Falk Schwarze und Thomas Hoffmann ihre schönen großen Pokale bei mir wieder abgeben. Das hatte es in der bisherigen HAIGO – Geschichte noch nie gegeben. Was war passiert, sie hatten beide in der Safety – Car – Phase überholt und die Sportkommissare belegten beide mit einer Zeitstrafe, aus der Traum vom Podest am Lausitzring. Die Nutznießer dieser ganzen Aktion waren Toni Koitsch (2.) und Tobias Worm (3) die sich natürlich auch freuen konnten, obwohl ihnen die Show auf den Podest abhanden gekommen war.

Für unsere Easter – Fahrer spielten diese Strafen keine große Rolle, denn Guido Ketzmarick, Detlef Schulze und Peter Benz fuhren ihr eigenes Rennen um die Krone in der kleinen Klasse. Schade war nur des Taavi Kuul aus Estland im letzten Moment seine Teilnahme abgesagt hatte.

Das Qualifying der Tourenwagen war nicht weniger spannend, obwohl Uwe Hahn mit seinem Zastava von allen Anfang an die erste Geige spielte. Aber mit nur 0,562 Sek. Rückstand folgte schon Dieter Hoffmann und bis Platz neun mit Michael Krings, war die Differenz nur 3,318 Sek. groß. Die ersten sechs trennte nur eine Sekunde, dass versprach Tourenwagensport vom Feinsten. Uwe Hahn legte einen ganz sauberen Start – Ziel – Sieg hin und nur Dieter Hoffmann konnte das Heck des Zastava mal auf der Zielgeraden zu Gesicht bekommen. Dahinter sah das Ganze aber schon anders aus, denn Sebastian Dross, Maik Thomas, Rocco Berger und Peter Gröning kämpften wie die Profis der DTM um jeden Meter. Am Ende gab es einen überglücklichen Uwe Hahn und Dieter Hoffmann und Sebastian Dross strahlten um die Wette. Von den 21 gestarteten Tourenwagen, kamen neunzehn ins Ziel und nur Guido Steinmann und Mario Mühle mussten mit technischen Problemen schon zu Beginn ausscheiden.

Am Sonntag – 09:55 begannen die Tourenwagen mit dem Qualifying und Uwe Hahn ließ da keinen Zweifel aufkommen, dass er den Ritt vom Samstag unbedingt wiederholen wollte und stelle den Zastava auf die Pole.

Dahinter aber schon Rocco Berger und zum Erstaunen der ganzen Truppe, Michael Krings ebenfalls Zastava.
Wieder eine unglaubliche enge Kiste, von Platz eins bis Platz acht. Lagen nur 2,21 Sek. dazwischen.

Im Zieleinlauf gab es fast wieder eine Entscheidung der Sportkommissare, weil die letzten zwei Runden wieder unter Safetycar – Bedingungen absolviert wurden und die Rennleitung keinen Zieleinlauf unter Safetycar haben wollte, wurde eben dieses Safetycar zu zeitig in die Boxengasse gerufen, die Ampeln auf „GRÜN“ geschaltet und „Schlitzohr“ Maik Thomas hatte den richtigen Gang drin, den rechten Fuß auf Vollgas gestellt und alle dahinter verpassten den Anschluss.
Im Ziel waren natürlich Uwe Hahn und Sebastian Dross arg sauer, aber die Jury nahm ihre Entscheidung nicht zurück und so muss dann der Einlauf mit Maik Thomas, Uwe Hahn und Sebastian Dross als regulär betrachtet werden. Solche Entscheidungen gibt es im Sport immer wieder und wir werden sie akzeptieren, so wie das Sportler nun mal tun.

Sonntag – 11:10 — Qualifying der Formel und Andris Grikis stellte seinen Estonia 21 auf die Pole. Was uns keineswegs überraschte, den der Lette ist schnell, dass hatten wir schon voriges Jahr in Poznan schmerzlich erleben dürfen. Toni Koitsch folgte aber nur mit 0,4 Sek. Abstand dahinter und weiter dahinter folgten noch fünf Fahrer mit nur 1,58 Sek. Abstand zu Grikis. Also auch in der Formel wird Rennen vom Feinsten geboten. Das war in der Vergangenheit nicht immer so, denn Nils-Holger Wilms beherrschte die Formel doch über einen längeren Zeitraum sehr dominant. Das scheint sich aber in letzter Zeit stetig zu verändern, vor allem durch Toni Koitsch, der seine Erfahrung aus den anderen Formelklassen, die er schon fahren konnte, nun einsetzen kann. Was aber noch erstaunlicher ist, dass Tobias Worm nach dem plötzlichen Tot seines Vaters Volker Worm, die ganze Sache allein managen muss und ihm das hervorragend gelingt. Ebenso erstaunt mich der Gastauftritt von Thomas Hoffmann, der nach langer Pause scheinbar nichts von seinen fahrerischen Fähigkeiten eingebüßt hat.

Sonntag – 17:40 — Start der Formel und drüben auf der Haupttribüne sitzen nach Schätzungen der Verantwortlichen, tatsächlich immer noch ca. 8.000 Zuschauer, die unsere Formel sehen wollen.
Tobias Worm gewinnt mit einem MT den Start zur Überraschung aller MT – Freunde und behauptet diesen Platz an der Sonne für vier Runden. Erst als die Wassertemperatur auf über 100 Grad steigt lässt er sich zurückfallen und überlässt Andris Grikis die Führung. Der Lette ist natürlich Clever genug, nimmt das große Gas raus und beobachtet den Abstand zu Nils-Holger Wilms aus den Spiegeln. Auf Platz Drei folgt Thomas Hoffmann, der sichert seinen Platz ebenso gekonnt vor Jacky Thalmann und dahinter folgt Tobias Worm, der mit seiner Kühlaktion den Start in Brno gesichert hat.

Die „Kleinen“ machen mit Guido Ketzmarick, Gast Michael Hennig und Detlef Schulze ihr Podium komplett und können sich genauso über eine tolle Veranstaltung im Rahmen der DTM freuen.

Wir sehen uns alle vom 06.-08.09.2019 im Brno zum Saisonfinale.

Stromhardt Kraft

ADAC Historic Cup Ost - HAIGO