die unter Euch mit einem Dach über dem Rennsitz haben mich für diese Saison zum Fahrersprecher Tourenwagen gewählt. Danke, dass Ihr mir diese Aufgabe zutraut!
Warum freue ich mich bei aller Überraschung über Euer Vertrauen und will es gern mit entsprechendem Einsatz für unsere gemeinsamen Interessen zurückzahlen?
Die Antwort ist ebenso einfach wie für die, die mich schon länger kennen, wenig überraschend: Der Motorsport zieht sich privat aber seit mehr als 30 Jahren auch beruflich wie ein roter Faden durch meine bald schon 65 Jahre Leben.
Kaum hatte ich als 16jähriger Steppke den Mopedführerschein, waren die Wochenenden mit Besuchen an den damit erreichbaren Rennstrecken verplant. Ich trieb mich als Fan beim Autocross in Seelow oder Biesenthal und jedes Jahr pünktlich am 1. Mai beim Motocross am Silberberg in Wriezen herum. Hinzu kamen Abstecher zur Pneumant-Rallye mit heute nur noch den Älteren unter uns bekannten Sprints durch den Harnekoper Wald oder über die Marzahner Spinne.
Mit 18 und ENDLICH dem richtigen Führerschein in der Tasche wuchs schlagartig der Aktionsradius, rückten auch Sachsenring, Frohburger sowie Schleizer Dreieck ins Visier und wurden für mich ähnlich fixe „Pflicht“-Termine wie Ostern oder Weihnachten. Wir haben die Fahrer der Tourenwagen wie Peter Mücke, Klaus-Peter Schachtschneider, Steffen Nickoleit, Werner Korth, Bettina und Sieghard Sonntag – um nur einige zu nennen – genauso mit unseren Fragen genervt wie die Formel-Piloten mit Uli Melkus und Bernd Kasper an der Spitze. Auch Heinz Siegert und seinen Renner, den Tochter Jeanette mit der Startnummer 90 heute noch im Historic Cup Ost fährt, kenne ich zumindest vom Sehen her schon Jahrzehnte. DAS waren die Helden meiner Jugend – (noch) kein Gedanke daran, eines Tages selbst mal hinterm Steuer auf die grüne Startampel zu warten.
Das passierte erst 1984, als ich mit dem Diplom der TU Dresden als Maschinenbauingenieur anfing, Geld zu verdienen und damit mein erstes Auto kaufte – einen ziemlich runter gerockten und durchgerosteten Wartburg 353, den wir später selbst neu aufbauten. Und mit dem ich vor ziemlich genau 40 Jahren meine erste „Jedermann-Rallye“ als Pilot erlebte. Das Auto hatte weder Käfig noch Sechspunktgurte, wir fuhren in Jeans und T-Shirt, hatten keinen Helm auf dem Kopf. Und statt Pokalen gab es für die Besten so praktische Dinge wie ein Tellerset oder auch Spreewaldgurken zu gewinnen, die Teller nutze ich heute noch…
Dann folgte beruflich bedingt eine längere Pause, bis Ende 1989 arbeitete ich mehrere Jahre auf einer Großbaustelle nahe Kriwoi Rog in der heutigen Ukraine. Die prägendste motorsportliche Erfahrung jener Zeit ist ein russischer Autocros-Meisterschaftslauf, der mir mehr als eine Art motorisierter Gladiatorenkampf in Erinnerung geblieben ist: Nicht jedes Auto, das auf den schlammigen Lehmstrecken stecken blieb, wurde auch sofort geborgen. Manche fungierten stattdessen als zusätzliche Schikanen und wurden von den nachfolgenden Teilnehmern Stück für Stück nur noch tiefer in den Boden gerammt!
Der Mauerfall war für mich persönlich historischer Zufall, der Wechsel von der Arbeit als Ingenieur zum Job als unerfahrener aber endlich auch beruflich im Motorsport gelandeter Redakteur der Fachzeitschrift „Illustrierter Motorsport“ hingegen lange davor beschlossene Absicht. Die Veränderungen in der Presselandschaft brachten mich dann zur Motorpresse Stuttgart. Bei der dort bis heute produzierten Zeitschrift „Auto Straßenverkehr“ konnte ich knapp 20 Jahre nicht nur Autos jeder Art oder Reifen testen, sondern fand auch auf die Rennstrecke. Mehrfach jagte ich in Tourenwagen 24 Stunden lang durch die „Grüne Hölle“, zu meinen persönlichen Highlights zählen aber auch diverse Starts bei den 25 Stunden von Spa im damaligen Uniroyal-Funcup. Bei dessen alljährlichem Europa-Finale mit rund 130 anderen Silhouette-Käfern gleichzeitig durch Eau Rouge zu jagen und in der äußersten Ecke des Fahrerlagers ein riesiges Ersatzteillager zu wissen, mit Hilfe dessen während des Rennens auch Totalschäden wieder neu aufgebaut und zurück auf die Piste geschickt wurden, treibt mir heute noch ein unheimlich breites Lachen ins Gesicht.
Zu meinem weiteren beruflichen Werdegang: Nach der unfreiwilligen Auflösung und vollständigen Entlassung der Berliner Redaktion der Zeitschrift „Auto Straßenverkehr“ wechselte ich die Seite des Schreibtischs, der steht seit 2010 in der Autoindustrie bzw. dem Autohandel an verschiedenen Orten von Hessen. Erst gab ich mein Wissen als journalistischer Autotester an Hyundai und Kia weiter, 2012 lockte mich der deutsche Skoda Importeur mit der Verantwortung für die Themen Motorsport und Tradition zu sich. Es ist also kein Wunder, dass ich irgendwann auch in einem der heute noch „Porsche des Ostens“ genannten Skoda 130 RS die Renngurte fest schnallte.
Rundstreckenrennen sind aber nur eine Sache, ich fahre nebenher auch gern Rallye. Schon vor mehr als 15 Jahren fand ich zum Volvo Original Cup – eine preislich und technisch unschlagbar günstige, ursprünglich aus Schweden kommende Serie, in der selbst spätere Weltklassepiloten wie die Solberg-Brüder bereits in der Frühzeit ihrer Karriere das kantige Heck der Volvo-Familienkutschen quer über die Ränder der Schotterpisten in den Weiten der skandinavischen Wälder hinaus hängen ließen. Das mache ich übrigens gelegentlich heute noch. Aktuell natürlich nur, wenn nicht gerade der ADAC Historic Tourenwagen Cup Ost in die Startaufstellung ruft…
Sorry, wenn meine Vorstellung als Fahrersprecher eher einem Langstreckenrennen als den bei uns in dieser Saison lediglich 20 Minuten dauernden Sprints gleicht. Seht es als Beleg dafür, dass meine eingangs gemachte Anrede mit dem Rennbenzin im Blut durchaus ernst zu nehmen ist!
Ich freue mich auf wie neben der Piste auf eine unfallfreie und spannende Saison 2024 mit Euch! Und wer immer ein Thema hat, bei dem ich als Fahrersprecher Tourenwagen helfen kann, erreicht mich unter
Telefon mobil: 0172 3961596
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